Chianti - Der Ausdruck des Sangiovese in Florenz, Siena, Pisa und Arezzo

Die Chianti-Unterzonen besitzen unterschiedlichen Drive! Die Anzahl der guten Winzer variiert, der Geschmack auch!

Als Chianti-Liebhaber wissen Sie das schon: Chianti heißt einerseits das Anbaugebiet, in dem aber nur Chianti Classico angebaut wird. Alle anderen Weine namens Chianti stammen von den Hügeln außerhalb des Kernlands zwischen Florenz und Siena, wo zu dem Namen Chianti immer noch die Bezeichnung einer der sieben Unterzonen, wie z.B. Rufina oder Colli Senesi, kommen kann. Die sieben Unterzonen lehnen sich in ihrer Bezeichnung meist an die wichtigste Stadt an:

Arezzo − Colli Aretini, Pisa − Colli Pisani, Siena − Colli Senesi, Florenz − Colli Fiorentini, Rufina − Rufina, Montespertoli − Montespertoli, Empoli − Mont’Albano. DIE LANDKARTE

Soviel zu den nüchternen Fakten, nun beleuchten wir die emotionale Seite und die Unterschiede der einzelnen Anbaugebiete, die sich auch im Geschmack und in ihrer Marktbedeutung unterscheiden.

Einfach nur Chianti - Große Mengen und Spitzenweine von kleinen Weingütern

Einige Winzer setzen auf die Bekanntheit des Namens und verzichten auf das prägende Unteranbaugebiet. Das sind zum einen große Winzereien, die große Mengen produzieren, die wiederum im Supermarkt und Discount verkauft werden. Andererseits gibt es auch ambitionierte, kleine Weingüter, die auf ihren Zusatz verzichten. Zum Beispiel weil sie ihren Wein im Ausland mit ihrem guten Namen verkaufen oder weil es für viele Weinliebhaber ohnhin zu kompliziert ist oder auch weil sie auf den Geschmack des Sangiovese aus den Hügeln setzen, der eindeutig genug ist. Aliosha Goldschmidt von Corzano e Paterno bei San Casciano oder Bibi Grätz von Testamatta aus Fiesole nahe Florenz sind zwei dieser Winzer, die erfolgreich Chianti nur als Chianti verkaufen.

Florenz - Chianti Colli Fiorentini

Die Winzer aus den Hügeln von Florenz sind stolz auf ihren Löwen (im Logo) und ihr Anbaugebiet. Mit Castelvecchio und Tenuta Il Corno aus San Casciano Val di Pesa oder Malenchini in Bagno a Ripoli (FI) oder Uggiano aus San Vincenzo a Torri gibt es namhafte Betriebe, die ihren Wein bewusst als Colli Fiorentini abfüllen anstatt der Einfachheit halber die Herkunft Chianti DOCG zu nutzen, in der Wein aus allen Unterzonen enthalten sein kann.
Wie schmecken die Weine aus den Colli Fiorentini? Anders als im benachbarten, kühlen Rufina oder dem warmen Colli Senesi bei Siena herrscht hier ein moderates Klima, was auch die Weine etwas weniger prägnant erscheinen lässt. Die Machart, der Ausbau des Weines im Keller, die Rebsortenzusammensetzung im Detail und das Alter der Weinberge definieren den jeweiligen Weinstil. Schlagkräftig ist die Truppe nur bedingt, denn im Konsortium gibt es zwar ein gutes Dutzend aktiver Betriebe, aber eben nicht 170 Weingüter wie im großen Chianti des Classico.

Florenz - Chianti Rùfina

Ob das Colognole in Pontassieve oder das berühmteste Weingut Selvapiana in Rufina und etliche andere aus der Liste unserer Weintipps, es steht außer Frage, dass diese kleine Unterregion innerhalb der Chianti-Familie den geschlossensten Qualitätseindruck vermittelt und die meisten empfehlenswerten Betriebe hervorgebracht hat. Weinbau mit Sachverstand besitzt hier vergleichsweise lange Tradition, das zeigt sich nicht nur im Keller von Selvapiana mit den gereiften Jahrgängen. Der Weinstil ist erkennbar anhand der prägnanten Säure und der frischen Frucht. Rufinas Weinberge sind hochgelegen, in waldreichen Hügeln, wo der kühle Wind das Reifen der Trauben verzögert.

Florenz - Chianti Montespertoli

Montespertoli ist eine kleine Enklave im Chianti-Gebiet, einige Traditionsbetriebe machten in den Siebzigern schon mit guter Qualität auf sich aufmerksam, als im Chianti noch vielerorts Masse angesagt war. Danach ist die Zone von der Qualitätsrevolution nicht so wirklich erfasst worden und die Weingüter, die zusammenstehen unter ihrem Schild Montespertoli, lassen sich fast an einer Hand abzählen. Damit ist an ein eigenständiges Image nicht zu denken. Es sind höchstens in die Jahre gekommene Weinbücher, die noch von Montespertoli schreiben. Ein wenig wie auch im Fall von Carmignano. Auch hier ist die Begeisterung der Siebziger Jahre in der Neuzeit aufgrund der Weinqualität nicht mehr abzubilden.

Pisa - Chianti Colline Pisane und Chianti Montalbano

Von San Miniato bis Terricciola, wo ein Traditionsbetrieb mit Badia a Morrona zuhause ist, erstreckt sich das Anbaugebiet. Bekannt wurde es in erster Linie dadurch, dass sich berühmte Kellereien wie Ferrari aus dem Trentino oder Giorgio Rivetti von La Spinetta im Piemont hier einkauften. Zuverlässige, kleine Weingüter wie die Fattoria Uccelliera in Fauglia zeigen jedoch, dass sich mit dem langen Atem einiges bewerkstelligen lässt. Bedauerlicherweise geht der Trend aufgrund der Größe des Gebietes und dem fehlenden gemeinsamen Nenner in Richtung Verzicht der Nennung der Unterzone Colli Pisani. Klein ist auch die Außenwirkung der Hügel von Pistoia und Empoli, die unter Montalbano zusammengefasst werden. Ein Dutzend Betriebe erzeugen Chianti in guter Qualität, sind in der Regel aber als Einzelkämpfer unterwegs.

Arezzo - Chianti Colli Aretini

Zu guter Letzt noch zwei vielversprechenden Chianti-Anbaugebiete. Mit dem Newcomer Buccia Nera mit weniger als 100.000 Flaschen pro Jahr bis zur zuverlässigen Genossenschaft Cantina Vini Tipici Aretino in Millionen Flaschen reicht das Angebot. Die Gegend um Arezzo ist fast schon umbrisch geprägt, selten verschlägt es die Touristen in die Hügel jenseits der Autobahn Florenz-Rom, denn mit dem Chianti zwischen Florenz und Siena und den Gegenden Montalcino, Montepulciano und Vernaccia ist jeder Weinliebhaber ausreichend beschäftigt. Viel ursprüngliches hat sich gehalten, daran ändert auch die Tatsache, dass sich dort auch einzelne Investitions-Weingüter niedergelassen haben, nichts.

Siena - Chianti Colli Senesi

Sehr groß ist die Qualitätsdichte - ähnlich wie im kleinen Rufina-Gebiet - im weitläufigen Anbaugebiet in den Hügeln von Siena. Es erstreckt sich bis nach Montepulciano und Montalcino und die Weingüter dort können bis außerhalb der Gebietsgrenzen ihre Spitzenrotweine Chianti Colli Senesi erzeugen. Sie nutzen diese Gelegenheit teilweise, um neben Brunello und Rosso di Montalcino einen preislich attraktiven Sangiovese anbieten zu können. Sogar im Vernaccia-Weißweingebiet darf Chianti Colli Senesi erzeugt werden. Daneben ist die Dichte von sehr guten Weingütern am Rande des Chianti Classico-Anbaugebietes groß, da die guten Anbaubedingungen ja nicht an einer teils bürokratisch gezogenen Trennlinie halt machen. Die Weine schmecken daher auch am ehesten wie die vollreifen Sangiovese in Montalcino oder der südlichsten Classico-Provinz Castelnuovo Berardenga. Ihr Schmelz und ihre reife Kirschenfrucht bei betörendem Veilchenduft ist einnehmend. Ein sehr gutes Beispiel ist Pacina neben vielen anderen, die sich dem Sangiovese verschrieben haben. Ganz egal, wo die Grenze verläuft und was Robert Parker gerade favorisiert.