Tenute Silvio Nardi - Lebendige Brunello-Geschichte

Nardi ist ein ICON bzw. blue chip des Brunello und hat maßgeblichen Anteil an der Erfolgsgeschichte dieses Rotweins.

Foto: Anwesen Casale del Bosco der Familie Nardi

Nur ganz wenige besitzen im Landstrich des berühmtesten Rotweins Italiens eine derartige Erfahrung wie Emilia Nardi. Nur allzu gerne wird die Geschichte eines Mädchen mit hellblonden Haaren erzählt, die Mitte der Achtziger Jahre als Zwanzigjährige die Arbeit im Familiengut aufnahm. Die Jüngste der acht Kinder von Silvio Nardi erfasste rasch die Probleme aber auch das große Potential des Weingutes ihrer Familie. Vater Silvio hatte das Landgut im Jahre 1950 gekauft und bereits 1954 seinen ersten Brunello erzeugt. 1967 gründete er mit anderen Weingütern das Konsortium des Brunello. Große Fußstapfen also, in welche die Tochter des ersten „Fremden“, der in Montalcino investiert hatte, treten musste. Emilia ließ sich nicht beirren und arbeitete mit weiblicher Intuition und jugendlichem Enthusiasmus an der Aufwertung ihres Weingutes und des Brunello di Montalcino. 
Begierig saugte die junge Emilia das aktuelle Wissen zum Qualitätsweinbau und die daraus resultierende Traubenqualität auf. Mit befreundeten Winzern studierte sie am Institut für Wein und Weinbau der Universität Bordeaux, wo sie die Arbeiten von Prof. Yves Glories zur phenolischen Reife der Trauben ganz besonders ihr Interesse weckte. Die Kenntniss von Professor Glories haben ohne Zweifel die Weinbergsarbeit im Hause Nardi und demzufolge auch die Weine nachhaltig beeinflusst.
Schon Mitte der Neunziger war der Ruhm des Brunellos beträchtlich gewachsen, die Weinberge im Wert gestiegen und Nardi zählte bereits mit 50 ha Weinbergen zu den größten Weingüter des Anbaugebietes. Schrittweise erweiterte Emilia Nardi den stattlichen Besitz rund ums Landhaus Casale del Bosco und kaufte zusätzlich Land für neue Weinberge in Castelnuovo dell'Abate, wo u.a. der Lagenwein Manachiara zuhause ist. Heute besitzt Tenute Silvio Nardi 80 ha Weinberge, 42 davon liegen in Castelnuovo.

Das Landhaus Casale del Bosco

Vom Weinberg Poggio Doria oberhalb des Weingutes lässt sich die Landschaft rund um die Tenuta gut überblicken. Man erkennt sanft gewellte und weit auslaufende Hügel mit Weinbergen und Ackerfläche, hingetupfte Zypressen und Bauernhäuser. Der nahe Ort Buonconvento mit den alten Klostermauern hat etwas sehr Entspanntes und sehr Toskanisches. Das gilt auch fürs große Gutshaus Casale del Bosco, wo Emilia ihre Gäste - ganz egal ob zur Verkostung, zum Interview oder zum toskanischen Mittagessen inklusive älterer Jahrgänge - mit der ihr eigenen Herzlichkeit und Gastfreundschaft empfängt. Auch diese Mauern wie die Klostermauern in Buonconvento sind Zeugen von fünf Jahrhunderten wechselvoller Geschichte.

Für die Neupflanzungen wurden verstärkt die fünf Biotypen des Sangiovese Nardi genutzt, die beim Landwirtschaftsministerium in Rom zur Zertifizierung als wertvolle Brunello-Klone anstehen. In zahlreiche Weinbergsparzellen ist der Besitz unterteilt, die vor der Ernte genauestens beobachtet und verkostet werden, um den stimmigen Erntezeitpunkt festzulegen. Wie viel Detailarbeit in die Weinberge gesteckt wird, das können meist nur die Winzer selbst richtig ermessen. Nach Erweiterung und Modernisierung des Kellers von Casale und der Ausweitung der Rebfläche ist das Weingut nun bestens aufgestellt.
Zwei wichtige Brunello-Botschafter fürs Weingut und zudem Aushängeschilder fürs Gebiet sind die Lagenweine von Nardi. Manachiara ist der Etablierte, weil er schon im Jahre 1995 erstmals erzeugt wurde. In ihm vereinigt sich die ganze Kraft des ton- und skelettreichen Bodens, seinen Namen (mattina chiara – heller Morgen) verdankt er der Südostlage der Weinberge, die bereits am frühen Morgen an von der Sonne beschienen werden.

Manachiara und Poggio Doria

Ein Jahrzehnt später, mit dem Jahrgang 2005, entschied sich Emilia für die Lancierung eines zweiten Lagenbrunellos. Nach ihrer Meinung ist Brunello Poggio Doria aus gleichnamigem Weinberg mit seinen dunklen Böden vulkanischen Ursprungs der ideale Partner für den Manachiara. An beiden Weinen lässt sich die Faszination Brunello greifen, zeigen sich die Unterschiede in der Lage, dem Kleinklima und dem Boden im Geschmack. Im Gegensatz zum kräftigen und reiferen Manachiara besticht der Poggio Doria durch Finesse, Ausgewogenheit und Eleganz. „Poggio Doria ist mein Lieblingswein“, sagt Emilia mit Stolz und sie verrät, dass ihre Mutter die Idee gehabt hatte, als sie den Weinberg gesehen hat.
Der klassische Brunello di Montalcino mit dem rotbraunen Etikett und der goldenen Schrift ist der mengenmäßig wichtigste Wein der Tenute Silvio Nardi. In ihm vereinen sich die Terroirs Casale del Bosco und Manachiara, der Nordwesten und der Südosten, die kühlen und die warmen Lagen Montalcinos und die unterschiedlichen Böden, Ausrichtungen und Höhenlagen von 180 m über NN bis auf 450 m. 
Beeindruckend sind die Weine der Achtziger und frühen Neunziger Jahre, die zeigen, dass Nardi stets lagerfähige Brunelli erzeugt hat, die Zeitzeugen ihrer Geschichte sind. Übrigens sind in den Kellerbüchern insgesamt 8 historische Parzellen eingetragen, aus denen dieser Gutsbrunello erzeugt wird: Colombaiolo, Manachiara, Pinzale, Casale del Bosco, Oria, Sassi, Cerralto, Grancia.
Auch zum DOCG Rotwein Rosso di Montalcino hat die erfahrene Unternehmerin eine klare Meinung: „Ich würde den Wein nicht wie manch andere als Baby-Brunello bezeichnen, eher als kleiner Bruder des Brunello. Seine Stärken sind die klare, fast jugendliche Frucht des Sangiovese und weniger die Komplexität, was einen ernsthaften Brunello auszeichnet.

Im Keller fallen die Entscheidungen für die Weine. Die Kellerarbeit, insbesondere den Umgang mit den geschätzten Brunello-Trauben hat Sie im regen Diskurs mit Weinberatern fein getunt. Jede Parzelle behält ihren eigenen Charakter, wird separat gekeltert und im Holzfass ausgebaut. Erst nach etwa einem Jahr werden die Partien zusammengeführt. Bei den Lagenweinen sind Barrique- und Tonneaux-Fässer die erste Wahl, die anderen Rotweine verbringen viel Zeit im großen Holzfass aus slawonischer und österreichischer Eiche. 
Verantwortlich für den Ausbau der Weine ist seit dem Jahrgang 2010 Emanuele Nardi, der Neffe von Emilia. Als Unterstützung steht ihm der bekannte Médoc-Önologen Eric Boissenot aus Frankreich zur Seite. Emanuele ist bereits seit 2000 im Betrieb tätig, nach seinem Agrarstudium hat er sein Talent für die Önologie erkannt und in einen Fulltimejob umgemünzt. Emilia dagegen hat verschiedene Hüte auf, sie steht auch an der Spitze des Landmaschinenbetriebes im oberen Tibertal in Umbrien, wo Großvater Francesco Nardi seine Fabrik zur Landmaschinenherstellung gründete, während sein Sohn Silvio Nardi deren starke Expansion bis hin zum Export in 50 Länder vorantrieb. Emilias Mutter entstammt der Familie Busatti in Anghiari, die seit 1842 Einrichtungsstoffe produziert und ihr Leinen heute noch auf den alten Webstühlen mit Schiffchen webt. Tradition verpflichtet, das gilt auch für den Brunello di Montalcino.

Die zentralen Weine der Tenute Silvio Nardi sind der Brunello di Montalcino, die Crus Manachiara und Poggio Doria und der Rosso di Montalcino.
Weitere Produkte: 
Turan, Sant’Antimo aus Sangiovese, Petit Verdot, Syrah und Colorino;
Chianti Colli Senesi, erster Wein des Gutes im Jahr 1950;
Vin Santo Sant’Antimo Occhio di Pernice;
Moscadello di Montalcino;
Grappa Bianca aus den besten Sangiovese-Trestern;
Olivenöl aus Frantoio, Moraiolo und Leccino.

Weingutsprofil Tenute Silvio Nardi, Februar 2017

Foto: Emanuele und Emilia Nardi im Holzfasskeller, Eingangsbereich des Landhauses Casale del Bosco