Weingutsbesuche am Kaiserstuhl und Tuniberg

Wer den Winzer und den Ort kennt, erlebt den Wein intensiver

Foto: Außenfassade des neu erbauten Weingutes von Abril, Innenansicht des neuen Kellers vom Weingut Franz Keller

Am Kaiserstuhl gibt es viele renommierte Weingüter, die zu den besten in ganz Deutschland zählen, große Namen mit hohem Bekanntheitsgrad. Die Weingüter Franz Keller, Salwey, Huber, Johner, Bercher, Dr. Heger, Stigler und etliche andere mehr wären hier zu nennen. Sie sind längst Fixsterne am großen Weinhimmel. Und dennoch, und das ist das Spannende, gibt es am Kaiserstuhl und am Tuniberg Weinmacher, die es noch zu entdecken gilt, die Jahr für Jahr hohe Qualität erzeugen. Winzer, die teils wenige Hektar Rebfläche bewirtschaften, die radikale Bio-Überzeugungstäter sind und die Experimente wagen, ihren ganz eigenen Weg gehen, stets qualitätsbewusst und der Natur verpflichtet. Diesen Winzern wollen wir hier ein Forum bieten. Eine kleine Auswahl von Herbert Heil.

Weingut Höfflin, www.weingut-hoefflin.de
Da wäre zum Beispiel das Weingut Höfflin auf dem Schambachhof bei Bötzingen. Es liegt in einem bezaubernden Tal mitten im Kaiserstuhl. Matthias Höfflin baut seine Weine konsequent durchgegoren aus. Auf Lagenbezeichnungen verzichtet er ganz. Die Böden vulkanischen Ursprungs sind warm und fruchtbar, das Klima ist mild und sonnig.
Hier auf den höchsten Lößschichten des östlichen Kaiserstuhls gedeihen die Reben prächtig. Höfflins Ziel ist es, ehrliche Weine zu erzeugen, fernab von hochtechnischen Produktionsmethoden und Weinzusätzen.
Bei 80% der Weißweine (am „S“ zu erkennen) nutzt Höfflin die Spontangärung, bei der statt Trockenreinzuchthefen weinbergseigene Hefen eingesetzt werden. Diese sorgen für eine enorme Vielfalt an Aromen und eine besondere Gaumenfülle. Die Lagen des 11- Hektar-Betriebs (70 000 Flaschen) sind auf Löss, Lehm und Stein gebettet. Höfflins Prestige-Weine stehen für Eleganz, Dichte, Kraft und Lagerfähigkeit. Reduzierte Erträge aus alten Rebanlagen, lange Reifezeit und 10-stündige Maischestandzeiten bilden das Fundament dafür. Erst dann wird abgepresst. Anschließend langes Hefelager. „Die Hefe  darf die jungen Prestigeweine lange begleiten und schützen“, erklärt Höfflin. Denn das gibt Fülle und beste Anlagen fürs Alter, ist der Bio-Winzer überzeugt.

Weingut Stefan Rinklin, www.weingut-stefan-rinklin.de
Nur einen Steinwurf vom Schambachhof entfernt liegt das Weingut von Stefan Rinklin und seiner Frau Miriana. Hier im Ortskern von Bötzingen haben die beiden 2007 ihren Betrieb gegründet. Stefan Rinklin war zuvor unter anderem bei Schwörer im Breisgau und Fritz Keller beschäftigt. Die Rinklins sind beide ausgebildete Weinküfer. Ihr Weingut ist ganze vier Hektar groß, das Schwergewicht liegt auf den Burgundersorten. Hinzu gesellt sich eine kleine Menge Müller-Thurgau. Bestens gelungen ist der trockene Grauburgunder, der nicht nur Eleganz und Kraft besitzt, sondern auch klar und saftig ist. Die Rinklins bauen fast ausschließlich die für den Kaiserstuhl prädestinierten Burgundersorten an. Alle Weine werden ausschließlich trocken ausgebaut. „Unsere Liebe gilt langlebigen, charaktervollen Weinen mit sortentypischen Aromen“, stellt Stefan Rinklin klar. Zwei Spätburgunder hat der junge Winzer im Angebot. Einen trockenen Vertreter aus dem großen Holzfass und einen aus dem Barrique. Beide überzeugen auf der ganzen Linie, sind wunderschön reintönig und haben viel Frucht und Struktur.

Weingut Trautwein, www.trautweingut.com
Die Wurzeln des Weingutes Trautwein in Bahlingen reichen bis ins Jahr 1649 zurück. Das heutige Demeter-Gut - geführt von Hans-Peter und Elfriede Trautwein sowie von Tochter Anne-Christin – hat eine Rebfläche von 9 Hektar. Zunächst kehrte Anne-Christin dem Kaiserstuhl und Baden den Rücken und lernte in Würzburg beim Juliusspital und beim Weingut Wittmann in Rheinhessen. Danach Studium in Geisenheim: Im Praxissemester arbeitete sie in Australien. Dann ging es nach Burgund.
Die Weine, für die sie seit 2013 als Kellermeisterin allein zuständig ist, beschreibt sie als cremig, schmelzig, harmonisch, mit raffiniert eingebundenen Holztönen. Die junge Frau stellte auf Spontanvergärung um, will seltener auf Reinzuchthefen zurückgreifen. Trautwein-Weine gibt es inzwischen in Japan und in Dänemark. Allerdings soll die Betriebsgröße überschaubar bleiben. „Wir freuen uns sehr über den 1. Platz bei „Beste Bioweine Baden-Württemberg 2014“ mit unserer Cuvee Noir 2012 aus Regent und Spätburgunder, welche das zweite Mal in Folge den Preis in der Kategorie PIWI (pilzwiderstandsfähige Rebsorten) gewonnen hat“, erzählt sie stolz. Etwa 60% der Trautwein-Weine sind Weißweine, die in drei Qualitätsstufen erzeugt werden. In der Klassischen Linie entstehen so fruchtig elegante, rebsortentypische Weine. Die Edition, die Premiumlinie, darf spontan gären und wird im Holzfass ausgebaut.

Weingut Abril, www.weingut-abril.de
Am Ortsende von Bischoffungen schmiegt sich das Weingut Abril in die natürliche Landschaft unterhalb der Spitzenlage Enselberg. Ein ungewöhnliches Gebäude mit einer Fassade aus Cortenstahl, geschmückt mit einem umlaufenden Metallband, welches stilisierte Weinreben darstellt. Modernste Kellertechnik und schonende, effiziente Traubenverarbeitung ohne mechanische Beeinflussung kennzeichnen diesen völlig Co2 neutralen Betrieb. Damit wurde im September 2012 eine neue Ära beim Weingut Abril eingeleitet. Inzwischen bewirtschaftet das 12-Hektar-Gut sämtliche Flächen nach den Bestimmungen des Ecovin-Verbands. Geldgeber und Investor ist Erivan Haub, der bis zum Jahr 2000 die Unternehmensgruppe Tengelmann leitete. Da seine Ehefrau Helga mit Familie Abril verwandt ist, entschloss sich Haub 2012 zu dem Engagement, um das Kaiserstühler Familiengut in eine neue, bessere Zukunft zu führen. Viele sehen das Öko-Weingut am Beginn einer großen Erfolgsgeschichte. Die Qualität der Weine sprechen sicherlich dafür.

Weingut Leopold Schätzle, www.schaetzle-weingut.de
Leopold Schätzle ist durch und durch Winzer. Klein hat er angefangen. Seine Eltern hatten einen Gemischtbetrieb mit viel Obstbau. Rebflächen waren zunächst rar. Doch Stück für Stück baute Schätzle, jüngstes von 12 Kindern, den Betrieb auf. Heute bewirtschaftet er zusammen mit Sohn Leopold jr. sowie Tochter Cäcilia rund 15 Hektar. Vier Fünftel seiner Weine verkauft er an Privatkunden. Der Mann hat im Laufe der Jahrzehnte mehr als 100 Lehrlinge ausgebildet und dafür und für andere Verdienste zahlreiche Auszeichungen bekommen. Schätzle ist kein Winzer, der Experimente schätzt. Er ist vielmehr Traditionalist und seine Kunden danken es ihm durch Treue. Bei Riesling, Weiß-, und Grauburgunder geschieht der Ausbau im Stahltank. Frühe Füllung und klare Frucht heißt die Devise. Beim Rotwein setzt Schätzle auf Holz. Im großen und im kleinen Holzfass werden die Roten vinifiziert. Spätburgunder sind im Hause Schätzle ein großes Thema, ergänzt zum Beispiel mit Neuzüchtungen wie Cabernet Mitos. Das Weingut Leopold Schätzle besitzt Weinberge am Kaiserstuhl und im Breisgau. Die Toplage „Endinger Steingrube“ zählt zu den allerbesten Lagen am Kaiserstuhl. Wie der Name schon sagt, wachsen die Reben der „Endinger Steingrube“ auf dem grau-blauen Basaltverwitterungsboden, der sehr gut die Sonnenwärme speichern kann. Ein besonderer Wein ist Schätzles Spätburgunder Beerenauslese, die zu einem Teil im Barrique gereift ist.

Winzergenossenschaft Sasbach am Kaiserstuhl, www.sasbacher.de
Unter den Kaiserstühler Genossenschaften ist die Sasbacher eine der kleinsten. Klein, aber fein sozusagen. Die Rebfläche beträgt „nur“ etwas über 100 Hektar. Wenn es aber um die Weinqualität geht, zählt man sie zu den ganz Großen. Im Jahre 1935 von 46 Winzern gegründet, nahm die Genossenschaft in über 75 Jahren einen enorm Aufschwung. Heute gilt der Betrieb als Vorzeige-Unternehmen: modern und beispielhaft. Die besten Weine der Sasbacher Genosssenschaft sind die Spätburgunder Rotweine. Sie werden mit dem bewährten klassischen Gärverfahren gekeltert und in Eichenholzfässern ausgebaut. Mit ihren Rotweinen zählt die Winzergenossenschaft zu den bekanntesten in ganz Baden. Sehens- und besuchenswert sind der beeindruckende Holzfaßkeller sowie der neue Barriquekeller.
Über zwei Drittel der Rebfläche sind mit Burgundereben bestockt (Spätburgunder, Grauer Burgunder und Weißer Burgunder). Strenge Selektion und 100% Handlese bürgen für absolute Qualität. Zwei Einzellagen, die Rote Halde (reine Spätburgunderlage) und Limburg (reine Weißweinlage), sind der besondere Stolz der Genossen. Zahlreiche Auszeichnungen belegen die hohe Qualität der Sasbacher Weine. Schon 1992 errangen die Sasbacher den 1. Platz beim Deutschen Rotweinpreis der Weinzeitschrift „Vinum“.
Nachdem der langjährige Kellermeister Gerhard Staiblin in den Ruhestand gegangen ist, hat jetzt der ehrgeizige Werner Giener (36) seine Nachfolge angetreten. Mit der Edition Orchidea haben die Genossen einen ganz besonderen Wein im Programm.

Wasenweiler Winzergenossenschaft, www.wg-wasenweiler.de
Bereits 1935 wurde die Wasenweiler Winzergenossenschaft - am Südrand des Kaiserstuhls gelegen - von einer Handvoll „Winzervisionären“ gegründet. Der Ausbau der ersten Weine erfolgte in der damaligen Zehntscheuer und im Keller des ehemaligen Schulhauses. Heute bewirtschaften etwa 50 Winzerfamilien 65 Hektar Rebflächen in den beiden Toplagen Kreuzhalde und Lotberg. Ein eigener Winzerkeller wurde 1954 gebaut. 2002 wurde das neue Verkaufs- und Bürogebäude bezogen. Es gehört zu den markantesten im gesamten Kaiserstuhl.
Was das Sortiment betrifft, so deckt es praktisch das gesamte badische Rebsorten- Programm ab. Die Hauptsorte ist der blaue Spätburgunder mit knapp 60%. Daraus keltern die Wasenweiler Genossen den Spätburgunder Rotwein, den Weißherbst und Spätburgunder weißgekeltert, der auch als Pinot noirs blancc de noirs bezeichnet wird. Bei den Weißweinen dominieren Grauburgunder und Weißburgunder. Abgerundet wird das Angebot durch Spezialitäten wie Gewürztraminer, Muskateller, Scheurebe, Riesling und Müller Thurgau. Die Genossenschaft hat auch Ecovin-Weine aus ökologischem Anbau im Programm. 1989 wurde der erste Biowein ausgebaut. Heute sind die Bioweine fester Bestandteil im Sortiment.

Weingut Michel, www.weingutmichel.com
Alles begann in den 60er-Jahren. Auf weniger als einem Hektar Rebfläche bauten die Eltern von Josef Michel, Walter und Margarethe, Weinreben an. Damals im Nebenerwerb des landwirtschaftlichen Mischbetriebs. Heute hat das Achkarrer Weingut 14 Hektar in insgesamt 70 Parzellen im Achkarrer Schlossberg, Ihringer Winklerberg, Achkarrer Castellberg und Munzinger Kapellenberg. Das Ziel von Josef Michel ist es reintönige Weine zu erzeugen, die Frucht, Spiel und Frische aufweisen. Was ihm in den vergangenen Jahren immer wieder gelungen ist. Michel konzentriert sich in hohem Maße auf die Burgundersorten, die 90 % seiner Produktion ausmachen.
Die Preise sind seit jeher moderat und das bei Spitzenqualitäten. Vielleicht ist Josef Michel einer der unbekanntesten Top-Winzer in Deutschland. Jahr für Jahr
liefert er eine starke Kollektion ab. Wunderschön reintönig und saftig ist seine Chardonnay Spätlese.
 Und auch seine Roten gehören seit einigen Jahren zur deutschen Spitzenklasse. Die Michels haben auch eine Straußenwirtschaft, von der man einen herrlichen Ausblick auf die Weinberge und die Rheinebene hat. An klaren Tagen sieht man bis nach Frankreich.

Weingut Holger Koch, www.weingut-holger-koch.de
Mit dem Vorsatz ausschließlich Burgunder zu vinifzieren, begannen Holger Koch und seine Frau Gabriele Engesser in Bickensohl 1999 Weine selbst auszubauen. Zuvor war Koch u. a. Kellermeister bei Fritz Keller in Oberbergen. Inzwischen besitzen die beiden eine Rebfläche von knapp 8 Hektar. Bewusst pflanzen sie seit Jahren Rebsetzlinge, die von alten Rebanlagen abstammen und unbelastet von moderner Klonenzüchtung sind. Es sind Reben, die kleine Trauben, kleine Beeren aber außergewöhnlich intensive Aromen bringen. Organische Düngung, Begrünungseinsaaten und Verzicht auf Herbizide sind im Weingut Koch Standard.
„Die etwas erhöhten Lagen in Bickensohl sind ideal für die anspruchsvollen Burgunderreben“, erläutert Koch, der mit viel Engagement bei der Sache ist. Alle Weine werden trocken ausgebaut und sind durchgegoren. Seit 2004 vergärt er sie mit natürlichen Hefen. Die Weine bleiben bis zur Abfüllung auf der Feinhefe liegen. Seit dem Jahrgang 2012 sind die Weine EU-Bio-zertifiziert. Finesse und Nachhaltigkeit sind die Schlüsselbegriffe, die für Kochs Weine stehen. Seine Weine sind ungemein langlebig und haben ein feines Tanningerüst. Seine besten Lagen: Bickensohler Katzenloch, Halbuck und Eichbuck.

Weingut Kalkbödele, www.kalkboedele.de
Seit 1978 wird eigener Wein auf dem Weingut Kalkbödele in Merdingen erzeugt. Der Betrieb vom Tuniberg hat sich auf Spätburgunder spezialisiert. Knapp 60 Prozent der Fläche von 17 Hektar gehen auf das Konto des Pinot Noir. Gut 30 % entfallen auf Weiß- und Grauburgunder. Der Rest verteilt sich auf Müller-Thurgau, Cabernet Sauvignon und Merlot. Insgesamt werden pro Jahrgang 110 000 Flaschen hergestellt.
Das äußerst solide Sortiment ist aufgeteilt in Gutsweine, Lagenweine und Reserveweine. Maischevergärung gehört auf dem Weingut zum guten Ton. Die Rotweine kommen in Holzfässer. Neben den Spätburgundern ist auch ein Merlot im Programm. Er hat eine gute Struktur und kräftige Tannine, was auf eine Langlebigkeit schließen lässt. Und auch Teile der Weißweine werden im Holz vinifiziert. So liegt der Holzfassausbau beim Weingut Kalkbödele insgesamt bei stolzen 80 %.