Wein aus Franken (1) - Das Eckige muss ins Runde!

Zur WM 2014 ein Erfahrungsbericht über die brasilianischen Franken

Dieser Umkehrschluss liegt im Jahr der Fußballweltmeisterschaft in Brasilien vielleicht nahe, aber wir sprechen natürlich nicht vom Fußball. Hier geht es um den oft zu Unrecht als spröde verrufenen Frankenwein. Kantig sei er und dabei hat man sofort die weltbekannte flachbauchige runde Frankenweinflasche, den Bocksbeutel, vor Augen. Ein kantiger, eckiger Wein in einer kugligen Flasche. Grund genug, den Wein und seine Winzer in Augenschein zu nehmen und sich mit ihm zu beschäftigen.

Anbaugebiet Franken - Italophile Winzer

Obwohl an sich eher ein kleines Anbaugebiet sind mit Churfranken, Würzburg einschließlich der Mainschleife und den Hängen des Steigerwaldes alle Weinlagen mit Böden der Trias ausgestaltet. Aufgrund dieser Startvoraussetzungen präsentieren sich die Weine vom Klingenberg bis Castell so unterschiedlich wie auch die zahlreichen Winzerpersönlichkeiten, die in diesem Anbaugebiet zu finden sind. Mit Keuper und Kalk liegt ein Vergleich allein schon vom Terroir her mit weiteren deutschen Anbaugebieten wie auch europäischen Nachbarn nicht fern. So verwundern nicht die vielen Pilgerreisen des örtlichen Winzernachwuches gen Westen zu Top-Winzern und Weinregionen wie Pfalz, Rheinhessen bis Burgund.  Vieles ist ebenso von den fränkischen Youngstern bereits Vorort erkundet worden. Wissenstransfer mit Deutschlands und internationaler Winzerelite bildet damit beste Startvoraussetzungen.
Dennoch bleibt Franken mit seinem eigenständigen und typischen Rebsorten-Spiegel unverwechselbar. Der Silvaner ist und bleibt die unscheinbare Schönheit, die mit vielen - aber wenig beworbenen - Qualitäten aufzutrumpfen weiß.
Mehr zuvorderst als an dieser Stelle ist von der personellen Situation zu berichten, mit der Franken aufwarten kann. Vielerorts steht die neue Generation bereit, in die Fußstapfen der Altvorderen zu treten, sind manche bereits am Start und warten darauf, in den Diskurs mit weiteren jungen Talenten - gerne auch in direkter Nachbarschaft zu treten.
Auch wir haben uns auf gemacht zum pilgern und uns Anbaugebiete und Weine der bekanntesten Franken-Winzer einmal genauer angeschaut.

Weingut Fürst, Bürgstadt

Auf einer der deutschen Rotweininseln liegt der Betrieb eines der Väter des deutschen Rotwein-Wunders, Paul Fürst.
In der Region, die seit einigen Jahren als Churfranken reüssiert, verfügt er in Klingenberg und Bürgstadt über ein äußerst hochwertiges Portfolio guter Lagen von alters her. Von hier ist man - zumindest historisch - mehr mainabwärts zugeneigt, also eigentlich mehr mainzerisch als fränkisch, das Herz Weinfrankens, Würzburg, spielt eine untergeordnete Rolle. Doch auch obwohl die eindeutige Ausrichtung des Weingutes bei Weiß- und Spätburgunder sowie Riesling liegt, gibt es von Sohn Sebastian ein klares Bekenntnis zu Franken.
Natürlich ging schon früh der Blick nach Frankreich für Küfereierzeugnisse und Klone. Dennoch zählt auch altes deutsches Rebmaterial gleichermaßen zu den Pfunden, die im Weingut im wahrsten Sinne reiche Frucht bringen.
Jüngst Vater geworden verantwortet Sebastian bereits seit geraumer Zeit die Kellerarbeit und bringt dort seine breite Erfahrung aus dem Burgund ein. Kleiner Exkurs zur Weinbereitung im Hause Fürst am Rande: Physiognomische Reife der Trauben ist das eine, fast noch wichtiger wird hier der Zustand und Konstellation der Aromen der Frucht zur Bestimmung des Erntezeitpunktes eingeschätzt. Daneben ist mit der Entwicklung des Weines mit der Gärung im Fass noch lange nicht Schluss. ...
Vater Paul engagiert sich derweil im Schulterschluss mit weiteren Winzerkollegen bei der Rekultivierung Bürgstädter Terrassen am Fuße des Centgrafenberges. Es wird sicher noch einige Jahre dauern, bis davon in der Weinwelt etwas zu vernehmen ist, aber dennoch darf sich der Weinfreund schon einmal vorfreuen auf die geplanten raren "Fürst'lichen" Bouteillen (schlanke Weinflaschen). 

Restaurant- und Übernachtungstipps von Paul Fürst:

Weinhaus Stern, Bürgstadt, www.hotel-weinhaus-stern.de
Restaurant im Jagdhotel Rose, Miltenberg, www.jagdhotel-rose.de
Gasthaus Krone, Großheubach, www.gasthauskrone.de

Weingut Störrlein & Krenig, Randersacker

Weiter geht die Pilgerreise zu einem befreundeten Winzer der Trias-Gruppe  an die steilen Muschelkalkhänge vor den Toren Würzburgs. Es hat schon etwas Patriarchalisches, wenn man in Randersacker Armin Stoerrlein bei den Ausführungen über das Entstehen und Werden seiner Weine folgen darf. So „klassisch“ präsentiert sich auch die Rebsortauswahl, zuvorderst mit Silvaner, gefolgt bei den Weißen mit Pinot blanc und – fast als Establishment- mit Pinot Noir. Das hier in so traditionsreichen Lagen auch ein Gemischter Satz erzeugt wird, vervollkommnet das Bild nur noch. Um hier direkt zu intervenieren: „klassisch“ heißt in diesem Fall nicht plumpe, breitschultrige Weine. Im Gegenteil; trotz extrem guter Exposition der Weinberge, wird Wert auf das „Tänzlerische“ (O-Ton Senior Armin S.) in den Weinen gelegt! Nicht unerwähnt bleiben sollte die gute Seele des Hauses, Ruth Störrlein, die bei unserem Besuch bestens für das leibliche Wohl gesorgt hat. Kaum hatte sie den Kuchen aus dem Ofen geholt, bereitete sie schon die nächsten Leckereien für uns und ihre Familie zu.
Bei Störrlein's hat man mit der Nachfolgegeneration geschäftlich wie oenologisch den Weg in die Zukunft bestens vorbereitet. So treten Tochter Chrsitiane Störrlein-Krenig und Schwiegersohn Martin bereits in die Fußstapfen des Vaters im Premiumweinort Randersacker. Über den Wert des Schatzes über den das Weingut in den besten Lagen des Ortes verfügt, ist sich die nächste Generation wohl bewusst. Diese Lagen werden sorgsam gehütet und es ist in diesem wie in vielen Betrieben gleichermaßen Brauch, bereits von Kindesbeinen an, mit in den Wingert zu gehen, um dort die Verbindung von Natur und  Weinanbau von klein auf zu erleben.
Ein Zertifikat für ökologisches Wirtschaften in Berg und Keller wird deshalb hier, wie - mittlerweile vielerorts - nicht als Voraussetzung für praktizierten naturnahen Weinbau gesehen, da dies als selbstverständlich gilt.  

Restaurant- und Übernachtungstipps von Achim Störrlein:

Gasthof Bären, Randersacker, www.baeren-randersacker.de
Restaurant und Hotel Zeller, Kahl am Main, www.hotel-zeller.de

Weingut Bürgerspital Heilig Geist, Würzburg

Wir pilgern weiter mainaufwärts und landen bei Robert Haller in Würzburg. Herr Haller hat ein Luxusproblem. Über 100 Hektar allesamt in erstklassigen Lagen in und um Würzburg zu bewirtschaften ist für den Gutsdirektor kein einfaches Unterfangen. Dies zumal, wenn ihm als bekennendem VDP-Mitglied die Ausrichtung des Sortiments, das einer eindeutigen und in den Weinqualitäten nachvollziehbaren Qualitätsabstufung folgen soll, eine zeitnahe Umsetzung ansteht. Die Qualitäten des guten Jahrgangs wie 2012 machen dies nicht einfacher. Diese sind auch nur dann so zu erbringen, wenn bereits – der Qualitätsphilosophie des Gutsdirektors folgend - im Wingert so manches Traubenmaterial auf der Strecke bleibt.
Die Begeisterung vom Außenbereich über die Kellerwirtschaft bis in den Vertrieb bei jedem Mitarbeiter des Betriebes zu wecken und wachzuhalten, ist wahrhaft eine Herkulesaufgabe. Daneben gilt es weitere Herausforderungen in der - manchmal durchaus befruchtenden - Konkurrenz mit den beiden weiteren großen Betrieben Vorort, sowie auch in der Vermarktung, der auf dieser Fläche erzeugten Weine zu bestehen. So ist es sowohl betriebswirtschaftlich, als auch im Hinblick auf einen guten Stand bei den Einheimischen hilfreich, wenn über Laden wie Ausschank fast 30 Prozent der Erzeugnisse die Stadtgrenze Würzburgs kaum verlassen. Dabei ist es sicher nicht nur ein Tribut an die vielen fernöstlichen Besucher, wenn man in der neuen stylischen Vinothek sich dem spannenden cross-over von shabu-shabu mit jungen wie gereiften fränkischen Spitzengewächsen hingeben kann.
Der Wettbewerb um die Spitze aus den weltbekannten Würzburger Lagen ist sicher das eine. Überregional zieht man durchaus an einem Strang, die gleichermaßen hervorragenden Silvaner vom Muschelkalk als Botschaft Frankens per Flaschenpost in die Welt zu bringen.

Restaurant- und Übernachtungstipps von Robert Haller:

Greifensteiner Hof, Würzburg, www.greifensteiner-hof.de
Bürgerspital, Würzburg, www.buergerspital-weinstuben.de
Weinhaus Stachel, Würzburg, www.weinhaus-stachel.de
Alte Mainmühle, Würzburg, www.alte-mainmuehle.de
Michels Stern, Marktbreit, www.michelsstern.de