Grauburgunder am Kaiserstuhl

und seine Partnerschaft mit Norditalien

Foto: Blick ins Tal vom Kaiserstuhl, Karte des zentralen Kaiserstuhls

Da, wo die oberrheinische Tiefebene aufs Elsass trifft, kurz vor der Schweizer Grenze also, liegt der Kaiserstuhl, eine Landschaft voll steiler Hänge ehemaliger Vulkane, die wie urzeitliche Zahnstümpfe in der Gegend stehen. An deren Hängen wachsen Weine, wie es sie in Deutschland kaum vergleichbar gibt. Hier arbeiten auch außerordentliche Winzer. Der Grauburgunder steht in dieser Gegend nicht von ungefähr im Zentrum der Weißweinproduktion.
Der Graue Burgunder - die ursprüngliche, aber nur noch selten verwendete Rebsortenbezeichnung Ruländer - kommt am Kaiserstuhl auf einen Flächenanteil von etwa 18 Prozent und ist damit die am zweithäufigsten angebaute weiße Traubensorte nach dem Müller-Thurgau. Diverse Lagen am Kaiserstuhl sind derart prädestiniert für die Sorte, dass daraus sogar  internationale Spitzenweine erzeugt werden können. In den vergangenen Jahren ist der alte, schwere, barocke und alkoholreiche Ruländertyp, der in den 60er und 70er Jahre en vogue war, nahezu vollkommen verschwunden. Er hat dem frischen, fruchtigen Typ Platz gemacht.

Das Naturparadies Kaiserstuhl liegt in der Rheinebene, genau in der Mitte zwischen Vogesen und Schwarzwald. In diesem vulkanischen Hügelgebirge herrschen nahezu mediterrane Bedingungen. Das Vulkangestein und die Stützmauern der Kleinterassen speichern die Sonnenhitze und geben diese nachts wieder ab. Schließlich ist der Kaiserstuhl die Region mit der höchsten Sonnenscheindauer in Deutschland und zählt zu den wärmsten Orten des Landes.

Die Lage inmitten der Oberrheinebene und den warmen Luftströmungen durch die burgundische Pforte bringen ein mediterranes Klima mit einer guten Niederschlagsverteilung. Smaragdeidechsen, Bienenfresser, Gottesanbeterinnen, wilde Orchideen und Kakteen sind hier aufgrund dieser klimatischen Besonderheit heimisch.
Seinen Namen hat der Kaiserstuhl vermutlich bereits im frühen Mittelalter erlangt, als die deutschen Kaiser noch „aus dem Sattel regierten“ und hier sogenannte Gerichtstage abhielten. Erstmalig urkundlich belegt ist der Begriff im Jahre 1304, ein Gerichtstag wurde jedoch schon bei Otto III. um 994 in Sasbach am Kaiserstuhl nachgewiesen.

Mächtige Terrassen aus fruchtbarem Löß und steile Berge mit Böden aus verwittertem, wärmespeicherndem Vulkangestein schaffen eine wunderbare Basis für die unverwechselbare, feinstoffige Mineralität und die klare, geschmacklich besonders lagenbezogene Ausrichtung der Weine.

Rebsortenhistorie: Im Kaiserstuhl fühlt sich die Rebsorte Grauburgunder besonders wohl. Vermutlich ist die Sorte in Burgund als Mutation aus dem Blauen Spätburgunder ausgelesen worden. Eventuell hat Kaiser Karl IV bei einer Übernachtung auf der Burg in Burkheim den Zisterzienser Mönchen befohlen diese Mutation anzupflanzen. Die Zisterzienser waren durch ihre grauen Kutten im Volk als Graumönche bekannt. Vielleicht stammt der Name (Burgunder der Grauen) daher. Dieser Burgunder war 1375 unter Karl IV. von Frankreich nach Ungarn gelangt. Oft wird berichtet, dass der Graue Burgunder von General Lazerus von Schwendi 1568 nach Kämpfen in Tokaj in das Elsaß (Kientzheim) und den Kaiserstuhl (Burkheim) gebracht wurde.  Daher könnte auch der Name Tokayer stammen. Nach neusten Erkenntnissen hat er aber nur Wein und keine Reben mitgebracht. Davon unabhängig erkannte 1711 der Kaufmann Johann Seeger Ruland in Speyer den großen Anbauwert dieser Sorte. Zuerst als „Speirer“ später Ruländer bezeichnet, gehörte er nach wenigen Jahren zu den vom Landesherrn gewünschten Qualitätssorten.

Weintourismus: Die Kaiserstuhl-Gemeinden Achkarren oder Burkheim sind Weinorte wie aus dem Bilderbuch. Wer sich dem Zauber der kleinen Marktflecken hingibt, erlebt Weinkultur pur. Hier in Achkarren ist er zu Hause, der weltberühmte Achkarrer Grauburgunder, hier steht er im legendären Schloßberg. Die badischen Winzer, insbesondere die Kaiserstühler zeigen, was mit der Grauburgunder-Traube möglich ist bzw. in ihr steckt. Heute werden am ganzen Kaiserstuhl, dem größten Anbaugebiet Badens, auf  fruchtbarem Lößboden und mineralstoffreichem Vulkanverwitterungsgestein terroir-typische Grauburgunder angebaut, die in nationaler und internationaler Liga an der Spitze mitspielen. Mehr dazu im Artikel Essen und Übernachten.

Essen & Wein: Ein guter Grauburgunder vom Kaiserstuhl hat von vielem etwas: eine tolle Würze, viel Aroma, ist  fruchtig, wunderbar schmelzig, bisweilen cremig, mineralisch, gehaltvoll, zupackend und besonders wichtig, er passt hervorragend zu herzhaften Speisen. Die kräftigen Weine präsentieren sich in kräftigem Goldgelb und Noten reifer, gelber Früchte, Paranus und exotischen Gewürzen. Volumige Spätlesen eher zum weißem Fleisch und eventuell Wild sowie Edelsüße als Aperitif oder zum Dessert. Ein Grauburgunder Kabinett passt gut zu Vorspeisen, Fisch, Spargel, auch als Sommerwein. Insgesamt ist der Grauburgunder ein bekömmlicher Trinkwein und hervorragender Essensbegleiter, da die Säure meistens niedriger als beim Weißen Burgunder ist. Zieht man ein Fazit, so kann dies nur lauten: Der Kaiserstühler Grauburgunder ist ein zuverlässiger Allrounder. Mehr dazu im Artikel Das Spiel der Aromen.

Gut zu wissen: Kaiserstuhl-Tuniberg lautete vor etlichen Jahren noch die Bezeichnung für eine südbadische Region. Das Weingesetz hob diese Liaison auf und heute gilt das etwas südlicher gelegene kleinste Weinbaugebiet Badens, der Tuniberg, quasi vor der Haustür von Freiburg gelegen, als selbstständig. Das heißt, der Tuniberg ist seit 1990 weinbaulich vom Kaiserstuhl getrennt. Wer ein wunderschönes Naherholungsgebiet sucht und gerne durch die Weinberge wandert, ist hier goldrichtig. Geologisch handelt es sich um eine Kalksteinbank aus der erdgeschichtlichen Zeit des Jura, die später auch von einem mächtigen Lössmantel umhüllt wurde. Hier um den Weinort Merdingen tummeln sich etliche Weingüter mit feinen Weinen, die noch entdeckt werden müssen. Gute Adressen sind z.B. das Weingut Kalkbödele und St. Remigius in Merdingen sowie das Weingut Hunn in Gottenheim.

Noch ein Wort zu den Genossenschaften. Sie waren und sind bis heute der Motor im Weinland Baden. Im Kaiserstuhl werden 77 % der Rebfläche von genossenschaftlich organisierten Winzern kultiviert. Und zwar von 13 selbstvermarktenden Kooperativen und acht Genossenschaftsbetrieben, deren Traubengut beim Badischen Winzerkeller in Breisach, der größten Winzergenossenschaft Europas, gekeltert vermarktet wird.